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2000 qm haben wir pro Nase auf dieser Welt zur Verfügung, um auf Mutter Erde wachsen zu lassen, was uns versorgt. Das Projekt „2000m²“ präsentiert im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung Berlin 2017 den „2000m² Weltacker“ und was auf dieser Fläche alles möglich ist.
Teilt man die globale Ackerfläche von 1,4 Milliarden Hektar durch die Zahl aller Menschen, ergibt das 2000 m² pro Nase. Darauf muss alles wachsen, womit Mutter Erde uns nährt und versorgt. Diese Thematik greift das Projekt „2000m²“ auf und präsentiert im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung Berlin 2017 den „2000m² Weltacker“.
Was ist zu tun, damit auf 2000m² genug für alle Menschen, Tiere und Pflanzen wächst, um davon leben zu können? Dieser Frage wird auf dem Weltacker bei regelmäßigen Treffen (Ackerdonnerstage), bei Schulveranstaltungen, Ackerführungen und bei Diskussionsveranstaltungen nachgegangen. Gerd Carlsson, Bio- und Weltackergärtner, und sein Team versorgen Interessierte mit jeder Menge Informationen rund um die Themen Welternährung, globaler Anbau und was bei der Pflanzengesundheit im eigenen Garten zu berücksichtigen ist.
Während der Ackerführung wird der Weltacker besichtigt, wird gemeinsam diskutiert, welchen Herausforderungen wir heute in der Landwirtschaft gegenüberstehen und es wird überlegt, was wir selbst tun können. Gern diskutieren wir auch über die Weiterentwicklung des Projektes nach der IGA mit Euch.
Für kühle Getränke ist gesorgt.
Anschaulich, anfassbar und konstruktiv werden den Teilnehmenden die Themen Ernährungssouveränität, Ressourcenknappheit und nachhaltige Land- und Bodenwirtschaft vermittelt.
Das Projekt ist Teil des IGA-Campus, dem Umweltbildungsprogramm der IGA Berlin 2017.
Weitere Informationen, u.a. zu den Ackerdonnerstag-Terminen findet ihr unter www.facebook.com/2000sqm und www.2000m2.eu/de
Weitere Infos zur Zukunftsstiftung Landwirtschaft auf imwandel.net.
An diesem sonnigen Montagnachmittag trafen sich über 20 Menschen vor den Toren der internationalen Gartenausstellung (IGA), die in diesem Jahr ein besonderes Projekt beherbergt – den Weltacker. Mit der Seilbahn ging‘s den Berg hinauf, um diese 2000qm Ackerfläche genauer unter die Lupe zu nehmen.
… das ist die Fläche, die sich rein rechnerisch ergibt, wenn man den Umfang des fruchtbaren Ackerlandes weltweit durch die Zahl der Weltbevölkerung teilt. Gegenwärtig stehen damit – theoretisch – jeder Person 2000qm zur Verfügung, um sich zu ernähren und Dinge des täglichen Gebrauchs zu produzieren (z.B. Baumwolle für unsere Kleidung, Tierfutter, sogar Sprit und Gas für Strom und Wärme werden aus Ackerpflanzen gewonnen).
Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft baute auf dem Weltacker diese 2000qm pro Nase nach – und zwar so wie sie zur Zeit genutzt werden.
Heruntergebrochen werden so nicht nur abstrakte Größenverhältnisse in der landwirtschaftlichen Nutzung von Ackerland. Deutlich und greifbar werden damit v.a. die Hintergründe der global extrem ungleichen Verteilung und Bewirtschaftung der Flächen, die sozialen und ökologischen Schäden einer industriellen und profitorientierten Landwirtschaft und die Kosten unseres ressourcenintensiven Lebensstils im globalen Norden. Denn wir hier in Europa verbrauchen z.B. mehr als 2000qm pro Person – auf Kosten anderer, die dadurch weniger zur Verfügung haben.
Bei der Führung sprang eine Sache gleich ins Auge: auf einem nur sehr kleinen Teil der Fläche werden Obst und Gemüse angebaut (insg. nur 10% der 2000qm); hier gibt es auch die größte Artenvielfalt. Mehr als die Hälfte des Ackerlandes hingegen nehmen die vier großen Kulturen Weizen, Mais, Reis und Soja in Anspruch (Karte).
Vor allem von Mais und Soja landet nur ein vergleichsweise geringer Anteil auf unseren Tellern, das meiste wird zu Tierfutter verarbeitet (oder im Fall von Mais teilweise auch für die Stromgewinnung genutzt). Der Weltacker veranschaulicht sehr konkret die Folgen des großen Hungers nach Fleisch: beim Flächenbuffet können sich Besucher*innen darüber informieren, welche Ackerfläche hinter der Produktion etwa ihres Schnitzels steckt. Würde man die 2000qm allein für die Fleischproduktion nutzen, dann könnte man 1 Jahr lang 2 Schweine von den Erträgen mästen – und hätte aber auch nichts anderes zu essen. 2 Schweine – das entspricht dem durchschnittlichen jährlichen Fleischverbrauch von 5 Menschen hierzulande. Daran wird auch deutlich, warum wir hier im globalen Norden, mehr als 2000qm pro Person verbrauchen. Diese Flächen, die für die Futtermittel, Kraftstoff- und Energiegewinnung draufgehen, müssen wir gewissermaßen importieren: große Monokulturen in Argentinien, Brasilien und anderen Ländern des globalen Südens produzieren zum großen Teil für die Märkte der reichen Industrienationen. Dominiert werden diese wiederum von Konzernen, die hier auch ihren Sitz haben.
Der Weltacker verdeutlicht so letztlich auch koloniale Kontinuitäten in Hinblick auf globale Abhängigkeits- und Herrschaftsverhältnisse: am „Genussmittelbaum“ lassen sich die Anfänge des globalen Handels mit Agrarprodukten nachvollziehen. Es waren v.a. Gewürze, Kaffee, Tee, Zucker, Tabak und Kakao, die die wirtschaftliche Grundlage des Kolonialsystem bildeten, seine Ausbreitung und die Versklavung von Millionen Menschen mit antrieben. Dieses koloniale Erbe ist bis heute – auch nach der formalen Unabhängigkeit der Kolonien – allgegenwärtig.
Diese und andere globale Themen – vom Unsinn der Agrotreibstoffe über Pestizide und gentechnisch manipuliertes Saatgut bis hin zu den ökologischen Folgen von Monokulturen und den sozialen und politischen Hintergründen des Landgrabbing – vermittelt der Weltacker im Kleinen ganz konkret und anschaulich.
Der Weltacker will aber nicht nur zum Nachdenken über die politischen und wirtschaftlichen Grundlagen der Agrarproduktion und über unsere Konsumgewohnheiten anregen, sondern auch aufzeigen, dass eine andere Landwirtschaft möglich ist.
So werden statt Hybriden ausschließlich samenfeste Sorten angebaut, aus denen sich auch für die nächsten Jahre Saatgut gewinnen lässt; Hülsenfrüchte sind nicht nur für uns ein hervorragender Eiweißlieferant, sondern versorgen die Böden mit dem notwendigen Stickstoff und stellen so eine Alternative zum umwelt- und gesundheitsschädlichen Kunstdünger dar.
Sichtbar gemacht werden hier v.a. aber auch alternative nachhaltige Konzepte der traditionellen kleinbäuerlichen Landwirtschaft des globalen Südens. Die Gärtner*innen vom Weltacker brechen damit nicht nur die gängigen Vorurteile auf, die diese traditionelle Art der Landwirtschaft als „primitiv“, „rückständig“ und „ineffizient“ darstellen, sie zeigen auch, dass es, was ökologisch tragfähige Lösungen angeht, viel zu lernen gibt vom globalen Süden. Beispiele, die man auf dem Weltacker besichtigen kann, sind etwa das Mischbewirtschaftssystem Milpa, das aus der indigenen Landwirtschaft Lateinamerikas stammt, oder die Push-Pull-Methode zur biologischen Schädlingsbekämpfung aus Ostafrika.
Was auch auffiel auf dem IGA-Gelände: keine Ausschilderung, keine Karte und auch nicht die Webseite der u.a. von Nestlé gesponsorten IGA wiesen explizit auf den Weltacker hin. Wer also nur zum Blümchengucken kam und nichts von ihm wusste, verirrte sich wahrscheinlich eher nicht in den abgelegenen Garten.
Dennoch: für die Besucher*innen der Führung und der Veranstaltungen des Weltackers gab‘s eine kostenlose Eintrittskarte für das IGA-Gelände. Allerdings ist im Moment noch völlig unklar, ob der Weltacker auch 2018 in den Gärten der Welt weiterbestehen kann – oder ob er „umgetopft“ und woanders neu angelegt werden muss.
Die Aktivist*innen vom Acker wollen auf jeden Fall weitermachen … und suchen Mitstreiter*innen fürs Gärtnern – ob nun weiterhin in den Gärten der Welt oder an einem neuem Standort. Geplant sind auch weiterhin Veranstaltungen für Multiplikator*innen, Erwachsene, Kinder und Jugendliche sowie Schulklassen.
Schaut also unbedingt vorbei!
+++ UPDATE Januar 2018: Beim Supp n’Talk nach der ‚Wir haben es satt!“-Demo erreichte uns die frische Info, dass der Weltacker 2018 in den Botanischen Volkspark Pankow umzieht. Eröffnung: 06. Mai. Neue Mitgärtner*innen sind weiterhin willkommen. +++
Infos zum Projekt und seinen aktuellen Veranstaltungen: https://www.2000m2.eu/de/
Zur Broschüre auf Deutsch und Englisch geht es hier.
If we were to divide the global surface of arable land by the number of people on the planet, we would each get 2000m². For more than 3 years we have been growing the „Global Field“ in Berlin. On 2000m² we are planting a representation of the global situation of arable land. Everything that feeds us and provides for our needs has to grow on that.
So, what can be done to assure that 2000 qm are enough for all humans, animals and the preservation of the ecosystem?
During the tour, the team of the „Global Field“ will provide us with information on food souvereignity, mechanisms of global production and on plant health in our own gardens. We‘ve got the chance to discuss about the challenges a sustainable agriculture is facing today and about what we ourselves can do in our everyday lives to support a fairer system of food production and supply.
In 2017, our 2000m² field is part of the International Garden Exhibition (IGA) and the IGA-Campus for young people and children. You‘re also also invited to discuss about how this project can be continued after the the IGA.
Cool drinks will be provided ;-).
This is how the project describes itself:
„How will we feed ourselves tomorrow? The question is how much land everyone will receive, namely 2000m², if we allocate the world’s agricultural land equally. With the idea of the 2000m² World Farm we are conveying a sense of one’s own role in global agriculture.
We are reducing global challenges to a human scale and thus making them manageable on a practical level: I can build up a relationship to “my” 2000 m² and take responsibility for it.
In Berlin Marzahn we are cultivating the agricultural arable crops of the world in the same proportions that they occur around the world – the whole world in one field. In so doing, we are demonstrating imbalances in global cultivation and finding alternatives together.
The 2000m2 Project
For more information about the project, please visit: www.2000m2.eu.