Die Radelwoche in Eberswalde (August 2017) ist zwar leider schon Vergangenheit. Wir wollen Euch aber unsere Erlebnisse und Eindrücke von den tollen Projekten in der Region nicht vorenthalten … auch als ein Vorgeschmack auf die Radelwochen im Frühling/Sommer 2018, die bereits in Planung sind.
Wenn wir euch in Sachen Radelwoche auf dem Laufenden halten sollen, tragt euch in unseren Newsletter ein, die ersten Touren und Informationen kommen bald!
Sonniges Wetter empfängt uns am Freitag in Eberswalde. In mehreren Teams brechen wir am Nachmittag per Rad auf, um für die Wandelwoche zu werben. Wir besuchen die Tourist-Info, die Hochschule für nachhaltige Entwicklung, soziale Zentren und viele Orte, an denen sich Eberswalder*innen ganz konkret für den nachhaltigen Wandel engagieren. Ein schönes Gefühl für uns, daß unsere Plakate und Flyer gerne entgegengenommen werden.Einen Zwischen-Stopp im Naturkost-Laden nutzen wir für die wohlverdiente Essensrast. Aber natürlich lassen wir uns nicht die Gelegenheit entgehen, um uns über die dortige Lastenrad-Ausleihstation zu informieren.
Im Brandenburgischen Viertel in Eberswalde liegt versteckt im Plattenbau-Idyll das Hebewerk (www.hebewerk-eberswalde.de) – unsere Station am Freitagabend. Das Hebewerk gehört neben der Wandelbar (Transition-Town-Ini) und dem Schöpfwerk zu den bekanntesten Nachhaltigkeitsprojekten in Eberswalde. Die österreichischen OTELOs (Offene Technologielabore) dienen der Struktur des Hebewerks als Vorbild.
Christoff zeigt uns die Werkstätten, überall wird gewerkelt und experimentiert. Neben dem Repair-Cafe mit 3D-Drucker und dem Freifunk Eberswalde befinden sich in den von der Stadt geförderten Räumlichkeiten eine one-man Bierbrauerei, eine Tabletop Spielanlage und eine offene Holzwerkstatt mit Fräse. Auch im Hebewerk ist das Lastenrad ein Thema, denn 2016 wurden hier in den eigenen Werkstätten zwei Exemplare nach dem xyz-Bauprinzip montiert. Eines der Räder sahen wir heute bereits im Naturkost-Laden.
Der Samstag beginnt regnerisch aber herzlich im Regionalladen Krumme Gurke, zentral gelegen in Eberswalde (wenn Ihr selbst reinschauen wollt: hier gibt’s das Video von ImWandel). Nach der Gründung 2010 hat sich einiges in der Besatzung getan. Den Laden als Kollektiv zu leiten, hat aufgrund unterschiedlicher Faktoren nicht funktioniert. Jetzt schmeißt Lonna den Laden alleine und der etablierte Kundenstamm kommt ganz auf seine/ihre Kosten. Das besondere bei der Krummen Gurke sind die kurzen Vertriebswege mit direkter Lieferkette. Es gibt keinen Großhandel als Zwischenkette sondern es wird vieles selbst abgeholt. Dies bedeutet zwar viel Aufwand, fördert aber gleichzeitig die persönlichen Beziehungen mit den Erzeuger*innen.
Ihr bekommt in der Krummen Gurke regionale und saisonale Ware und dazu noch ein stetig wachsendes Sortiment an ausgewählten Spezialitäten. Und wem die Einkäufe zu schwer sind, kann sich in der Krummen Gurke einfach ein Lastenrad ausleihen.
Anna, die gerade frisch die Krumme Gurke an Lonna übergeben hat, ist für heute unsere Touren-Leitung. Wir fahren mit den Rädern zu den Erzeuger*innen auf die Äcker und Höfe. Wir besuchen die Biobäckerei Dellinger, die Lobetaler Bio-Molkerei und den Hofladen in Danewitz (http://derhofladen.npage.de). Hier können wir uns überall umschauen. Wir entdecken die leckeren Tomaten die in der Krummen Gurke angeboten werden, uns wird Interessantes über das bäuerliche Leben berichtet und wir bewundern die dörfliche Gelassenheit. Aber vor allem ist es beeindruckend, wie gut der regionale Austausch funktionieren kann abseits der hiesigen Lebensmitteldiscounter!
Nach einem kurzen Aufenthalt am Kulturbahnhof Biesenthal erwartet uns eine Führung auf dem Wukania Projekthof – ebenfalls in Biesenthal gelegen und traditionell bei der Wandelwoche teilnehmend (www.wukania.net). Die PaG (Projektwerkstatt auf Gegenseitigkeit) hat das Gelände gekauft, um es dem Markt zu entziehen. Gegründet wurde die PaG von Ex-Hausbesetzer*innen der 80er Jahre. Es gibt derzeit drei PaG-Projekte: Wukania, Karla*hof bei Templin und ein Hausprojekt in Leipzig.
Wukania hat eine Menge zu bieten. Es gibt die Sissy (nicht-kommerzielle Seminar-Infrastruktur), eine 2014 eingeweihte Natur-Kita, eine Jurte die im Rahmen eines Kennenlern-Projektes entstand, eine Refugee-WG und eine kollektiv betriebene Holzwerkstatt.
Irgendwo wird gerade immer gewerkelt und gebaut, dazwischen spielen Kinder und die Hühner gucken und picken. Es gibt täglich Mittagessen für bis zu 20 Menschen, das aus der gemeinsamen Kasse finanziert wird. Das neueste Projekt ist die Wukantina, ein im Kollektiv betriebenes Bio-Regionales-Catering für Kitas und Schulen.
Als nächstes soll eine kleine Senior*innen-Residenz entstehen, da fehlt es jedoch noch an Geld. Wer ein wenig werkeln möchte, ist herzlich eingeladen zu den kommenden Bauwochen.
Ein tolles Projekt, was zeigt wie Gemeinschaft funktionieren kann!
Sonntag. Auf geht es zum Kollektiv-Campingplatz Triangel in Niederfinow (www.camping-niederfinow.de). Fünf Frauen* haben sich zusammengeschlossen und betreiben seit 2017 den Campingplatz. Die Stiftung Umverteilen hat das Geld für den Kauf bereitgestellt. Der Vertrag mit der Stiftung beläuft sich auf 20 Jahre. Die Stiftung besitzt den Boden und die Bauten und der Kollektivbetrieb zahlt eine Pacht an die Stiftung.
Das Leben zwischen Campingplatz einerseits und den Freundschaften und Teilzeit-Jobs in Berlin ist nicht immer einfach und stellt die eine oder andere Zerreißprobe dar. Dennoch: eine herzliche Atmosphäre ist unter den Frauen* zu spüren, sie nehmen sich Zeit, behalten stets den Überblick und haben mit allen einen respektvollen Umgang. Es ist zu merken: hier steckt Herzblut drin und der Wille, den Ort für alle zu einem ganz besonderen Platz zu machen, einem Platz, der von Gemeinschaft und Unterstützung lebt.
Bei bestem Sonnenschein auf dem Steg am Finow-Kanal sitzend, lassen wir die Seele baumeln, denken an unsere Erlebnisse der letzten Tage und sind auch schon ein kleines bißchen neugierig darauf, was wir bei den nächsten Radelwochen entdecken werden.
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