Wie lassen sich selbstbestimmter Umgang mit Freiräumen, Flächendruck im Innenstadtbezirk Kreuzberg und die Verkündung des „Essbaren Bezirk Kreuzberg“ der BVV vereinen? Bleibt im Profitwahn noch Platz für städtisches Gärtnern?
Die Tour
Zwischen Utopie und Realität: Vor 2 Jahren hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg den „Essbaren Bezirk“ beschlossen. Gleichzeitig steigt der Druck auf den Innenstadtbezirk, auch die letzten Brachen zu bebauen. Von „Verdichtung“ redet der Senat. Wie lassen sich da gärtnerische Tätigkeiten und Selbstversorgung mit Gemüse im eigenen Wohnumfeld bewerkstelligen? Eine Herausforderung für Städteplaner*innen, Politiker*innen, aber auch selbstbestimmtes Handeln.
Eine Pressemitteilung von 2014 von Stadtrat Hans Panhoff zum Thema findet ihr hier: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/pressemitteilungen/2014/pressemitteilung.168021.php.
Nach der ergebnislosen Forderung der Initiative „Interkulturelle Nachbarschaftsgärten am Mariannenplatz“ an den Bezirk nach einer Fläche für einen interkulturellen Nachbarschaftsgarten, wurde die Grünfläche am Bethaniendamm, direkt neben dem Bethanien und dem Rauch-Haus, besetzt.
„Ab sofort soll dieser Platz zum Leben, als interkultureller Garten, als Ort politischer und sozialer Veranstaltungen sowie nichtkommerzieller Kultur allen interessierten Menschen zugänglich sein. Direkt angrenzend an „MediaSpree“ soll die Besetzung nicht nur einen neuen emanzipatorischen Freiraum schaffen, sondern auch die Pläne der Investor_innen und Politiker_innen zur „Aufwertung“ von SO 36 und Umgebung angreifen.“ (Besetzungserklärung).
Die Anschließenden Verhandlungen mit dem Bezirk waren erfolgreich, seit 2009 wird dort ganz offiziell gemeinschaftlich gegärtnert.
Text: http://berlin-besetzt.de/
15 Teilnehmer*innen sind, angeleitet von Hans Heim (Aktivist, engagiert sich für Entstehung von Gärten zur Selbstversorgung), fünf verschiedene Stationen angefahren. Hans Heim hat seine Utopien dargelegt, wie mehr Gärten in Kreuzberg etabliert werden könnten. Andererseits hat er auch sehr realistisch dargelegt, welche Schwierigkeiten dabei umgangen werden müssen und was es zur Umsetzung seitens der Stadtpolitik noch benötigt.
1. Station Interkultureller Garten Buntebeete (https://buntebeete.wordpress.com/):
Der Interkulturelle Garten Buntebeete e.V. ist aus einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (SVV) zum „essbaren Bezirk Kreuzberg“ entstanden. Engagierte, die die Idee des interkulturellen Gartens hatten, hatten mit dem Beschluss der SVV die Möglichkeit, Fördermittel zu erhalten. Neben dem interkulturellen Aspekt ist der Garten biologisch geführt und es wird verstärkt auf Sortenvielfalt geachtet.
Fazit von Hans und den Teilnehmer*innen: Ein stärkerer Bezug zum Essbaren wäre wünschenswert. Wenn Privatleute im Park Gemüse für die Selbstversorgung anbauen würden, wäre das immer noch nicht erlaubt (Privatisierung). Das heißt also: Da geht noch was! Die Bezirksverwaltung sollte mehr Fläche zur Verfügung zu stellen. Die Anpflanzung von Obstgehölzen in Parks ist möglich, aber es braucht auch immer wieder Privatinitiativen, die es dann umsetzen (natürlich nur offiziell, kein Guerillagardening).
2. Station: Dach der Turnhalle in der Zeughofstraße
recht unbefahrene Straße, 600qm Fläche auf dem Turnhallendach. Warum diese Fläche nicht nutzen? D.h. Konkreter Appell an den essbaren Bezirk Kreuzberg. Statik hinsichtlich der Gartennutzung prüfen und ggf. dafür freigeben.
3. Station: Pücklerstraße
Sehr breite Straße, Plattenbauten, die nicht in Blockrandbebauung stehen (also nicht eine Straßenfront bilden). Hans fragt sich, ob man diese (wirklich sehr breite) Straße nicht teilsperren könnte, um Fläche für Gärten bereitzustellen (Fragen: wer bewirtschaftet das dann? Wo parken die Anwohner? Kann man die Anwohner überhaupt gewinnen, wenn sie ihr Auto nicht mehr vor der Tür abstellen können?)
4. Station „Astrogarten“
Kleiner, stark von Fixern und Dealern genutzter Park. Es wurde schon mehrmals versucht hier zu gärtnern, allerdings sind diese Versuche letztlich an Vandalismus gescheitert. Auch hier wäre es schön, wenn der Bezirk (auch im öffentlichen Interesse) integrativen Konzepten Raum gäbe, die das Problem möglicherweise in den Griff bekommen könnten.
5. Station
Alter Kanal zwischen Spree und Landwehrkanal, jetzt ein Park. Warum nicht auch Gärten? Das Problem heißt hier Denkmalschutz. Hans sagt, das könne man wohl umgehen. Früher gab es hier auch Gärten, der Denkmalschutz ließe sich also auch darauf beziehen. Aber wem gehört der Garten dann? Macht man ihn öffentlich? Hat jeder sein Stück zur „Selbstversorgung“?
Abschluss Ton Steine Gärten
Jede*r im Verein bekommt mal ein Stück für eine bestimmte Zeit zum bewirtschaften. Musterbeispiel wie es gehen kann. Die Stadt stellt Fläche zur Verfügung, schafft politische Rahmenbedingungen, dass gärtnerische Bewirtschaftung möglich ist. Wenn die Stadt ein Gelände zur Verfügung stellt, dann muss es immer auch dem öffentlichen Interesse dienen, was in einem gemeinnützige Verein weitestgehend gewährleistet ist.
Eine Karte mit Beschreibungen der Projekte des Wandels in Berlin und Brandenburg findet ihr auf imwandel.net: http://berlin.imwandel.net/seite/ton-steine-gaerten/